Carsten Düllmann
2004-09-05 22:28:06 UTC
Hallo drsl!
Zum Anfang mal ein Kompliment: drsl ist die erste Newsgroup, bei der ich
mir tatsächlich vorstellen kann, daß ich sie regelmäßig lesen
werde. Solche Newsgroups müssen es wohl sein, die das Usenet eigentlich
ausmachen - die Programmiernewsgroups, die ich bisher so kannte,
haben die Bezeichung "Gruppe" meist kaum verdient - da schaut man ja
eigentlich nur vorbei, wenn man ein konkretes Problem hat - oder um die
eigene Genialität vorzuführen, indem man anderer Leute konkrete Probleme
löst. Vielleicht ist es ja aber auch eine Nebenwirkung der
Laufkrankheit, daß ich drsl so viel sympathischer finde...?
Deren Auslöser, der berüchtigte Laufvirus, packte mich wohl so richtig
vor etwa einem Jahr. Zuerst konnte mein Immunsystem ihn allerdings noch
erfolgreich niederkämpfen, so daß ich den Winter über nur mit profaneren
Krankheitserregern (grippale Infekte) und harmloseren Versuchungen (Junk
Food beispielsweise) zu kämpfen hatte. Alles schien in Ordnung - bis zu
diesem Sommer...
Doch zuerst mal ein paar schnöde Fakten: Mein Name ist
überraschenderweise Carsten Düllmann, ich bin 28 Jahre alt, arbeite,
laufe und lebe in Köln. Und die Sache mit dem Laufen, die kam so:
Sportliche Ambitionen hatte ich eigentlich nie. Sport erschöpfte sich
für mich in Schulsport und ein paar Jahren Schwimmverein von
Kindergarten- bis Unterstufenzeit. Angemeldet worden war ich dort
nur, weil meine Eltern dachten, daß Kinder besser möglichst früh das
Schwimmen erlernen sollten. Die Leistungen da blieben mangels
Konstitution (ich war schon immer ziemlich schmal) und Ehrgeiz aber sehr
durchschnittlich. In der Pubertät hörte ich also mit dem Schwimmen auf.
Schulsport machte ich leidlich gern, aber auf die Idee, mehr Sport zu
treiben - gar zu "trainieren" - wäre ich da nicht gekommen. Training?
Das war doch das, was diese Hochleistungssportler im Fernsehen machten!
Und ein Hochleistungssportler wollte ich ja gar nicht werden...
Im Spätsommer 2001 fing es dann langsam an. Ich war immer noch schmal,
hatte aber schon einen ersten kleinen gewichtsmäßigen Slalom hinter mir
und war auf einem neuen Level angekommen, nämlich dauerhaft über 70 kg -
Spitzenwerte lagen bei etwa 73 kg, wenn ich mich richtig erinnere.
Wichtig war mir das an sich nicht, bei ca. 1,80 m sind etwas über 70 kg
ja ein sehr normales Gewicht. Ich mußte aber zur Kenntnis nehmen, daß
ich mit 25 Jahren in einem Sitzjob und nahezu ohne Bewegung nicht mehr
bedenken- und folgenlos alles essen und trinken konnte. Ich hatte zum
ersten Mal im Leben so etwas wie einen Bauchansatz, und das sah schon
ein bißchen doof aus: ein Strich mit Bauch. Als dann also irgendwann
eine gute Freundin fragte, ob ich nicht mit ihr laufen wolle, hielt mich
eigentlich nur noch die Ausgabe für Laufschuhe davon ab. Die mußten wohl
sein, so hatte ich gehört, und 200 DM waren da noch eine riesige Menge
Geld für mich. Schließlich kaufte ich doch welche, und es ging los:
unregelmäßig etwa drei- bis viermal im Monat durchs Bergische Land in
langsamstem Tempo. Die Runden waren nie länger als zehn Kilometer, meist
darunter. Ich lief einfach mit, was meine Laufpartnerin so lief. Mangels
Sportbekleidung (viel zu teuer!) war ich damals in einer etwas
älteren aber bequemen normalen Hose unterwegs, wodurch ich immerhin
genauso unsportlich aussah wie ich auch tatsächlich war. Gehpausen mußte
ich auch manchmal ein paar einlegen. Gequält habe ich mich nie, nur
einmal wurde mir so schwummerig, daß ich mich mitten auf der Strecke
hinsetzen mußte, was aber wohl mehr auf den Alkoholkonsum am (nicht
allzu lang davor zuende gegangenen) Abend denn auf den Berg
zurückzuführen war, den wir gerade hinter uns gebracht hatten.
Gehpausen mußte ich auf der Zehnerrunde allerdings öfter einlegen.
Insgesamt war es in etwa wie damals beim Schwimmen, nur ohne Trainer:
Ambitionen hatte ich keine. Der berüchtigte Erreger der Laufkrankheit
hatte mich noch keineswegs erwischt. Immerhin blieb ich den Winter über
dabei und lief auch im darauffolgenden Sommer zwischen Festivalbesuchen,
Arbeit, Urlaub, Konzerten und Konzertbesuchen sporadisch die ein oder
andere Runde. Inzwischen hatte noch eine weitere Laufpartnerin, auch mit
der blieb das Tempo immer sehr gemütlich, ich mußte aber immerhin keine
Gehpausen mehr machen.
Im Winter 02/03 lief ich recht wenig und auch das darauffolgende
Frühjahr erlebten meine Laufschuhe nahezu ausschließlich im Schrank.
Immerhin hatte ich mir irgendwann in dieser Zeit dann doch mal eine
Laufhose zugelegt. Eine lange. Aus Baumwolle. Also eigentlich dann doch
keine wirkliche Laufhose. Aber mit Reflektionssstreifen!
Der Sommer 03 erlebte dann das erste Erwachen von läuferischem Ehrgeiz
in mir, und ich begann nicht nur damit, auch allein zu laufen, sondern
steigerte auch Umfang, Tempo und Variation: Ich lief einmal in der Woche
eine schnelle und sonntags zwei bis drei langsame Runden auf
meinem 5,4 km-Kurs um den schönen Decksteiner Weiher (den Konrad
Adenauer in seiner Zeit als Kölner OB hat anlegen lassen) Aus dieser
Zeit stammen auch meine ersten Aufzeichnungen über einzelne
Trainingseinheiten - einen Pulsmesser hatte ich mir nämlich auch gekauft
und auf der "Personal Trainer"-Seite des Herstellers trug ich seitdem
jede nicht abgebrochene Trainingseinheit ein. Insgesamt war diese Zeit
die erste Phase einigermaßen kontinuierlichen sportlichen Trainings seit
meiner Zeit im Schwimmverein - also seit sehr langer Zeit.
Etwa im November erlahmte meine Laufmotivation einigermaßen plötzlich
und rapide und ich zog bis März die Laufschuhe nicht wieder an. Wie ich
hier gerade sitze und schreibe erscheint mir das völlig unverständlich,
daß ich monatelang aufs Laufen verzichtet haben soll, nicht einmal wegen
einer Verletzung und vor nicht einmal einem Jahr (schon erstaunlich, was
die Irrungen und Wirrungen mit dem anderen Geschlecht für Auswirkungen
haben können)! Im Frühling kam ich dann wieder zu mir und ließ mich
sogar von meiner Laufpartnerin dazu bringen, mich für meinen ersten
Wettkampf anzumelden (eigentlich - so fällt mir gerade ein - war das gar
nicht wirklich mein erster: Mit zwölf oder dreizehn war ich durch
irgendwelche widrigen Umstände mal völlig untrainiert in einen kleinen
Volkslauf geraten - was dann eher ein abschreckendes Erlebnis wurde).
Auf den Wettkampf hin, den 10 km langen Severinslauf hier in Köln, lief
ich dann wieder etwas mehr. Meine Kilometerleistungen in den Wochen
davor waren mager:
KW km Zeit min/km
10 6,00 0:37:00 6:10
11 0,00
12 0,00
13 5,00 0:38:00 7:36
14 21,00 2:06:00 6:00
15 5,00 0:31:00 6:12
16 5,00 0:33:00 6:36
17 15,00 1:23:31 5:34 (mit WK)
In den KW davor war ich überhaupt nicht gelaufen, bis zum Wettkampf
hatte ich im Jahr 2004 insgesamt also erst 47 Kilometer in acht
Einheiten hinter mir. Der Wettkampf war am Sonntag der 17. KW, dem 25.
April. Ich startete mit meiner zweiten Laufpartnerin und einem weiteren
Bekannten ganz vom Ende des Feldes und blieb zuerst auch in deren Nähe.
Bekleidet war ich mit einer langen Laufhose (inzwischen aber immerhin
aus Funktionsmaterial) und einer warmen Trainingsjacke aus Baumwolle,
die auch im Winter schon immer warm genug gewesen war. Morgens hatte die
Luft sich noch sehr kalt angefühlt, und als ich im Starterfeld stand,
hatte ich keine Gelegenheit gehabt, die Jacke loszuwerden. Schon beim
Start war das natürlich zu warm, denn der Tag hatte sich zu einem der
ersten richtig warmen und sonnigen Frühlingstage entwickelt. Ich lief
also mit offener, wehender Jacke los. Später wurde mir das Tempo meiner
Begleiter doch etwas zu langsam und ich verabschiedete mich etwa bei
Kilometer zwei von ihnen, um von da an nur noch zu überholen. Der
Wettkampf hatte drei Runden, und in jeder dieser Runden wurde mir wärmer
und wärmer und ich verfluchte meine Unerfahrenheit mit der Jacke. Die
hielt nicht nur warm und saugte den Schweiß auf, sondern schlug auch mit
ihren wehenden Seitenteilen an einige Laternen und Pfosten, derer man
auf der Strecke so einige zu passieren hatte. Jedes Mal gab das ein
metallisches "Bing", wenn die Enden des Reißverschlusses auftrafen. Am
Verpflegungsstand trank ich in jeder Runde drei bis vier Schlucke Wasser
und goß den Rest über meinen Kopf - und eben auch über die Jacke, die
dadurch auch nicht eben leichter wurde. Nachdem ich dann zwischendurch
gedacht hatte, ich müsse aufgeben, erkannte ich kurz vor Schluß dann
doch, daß 50 Minuten noch drin sein könnten, ignorierte die Signale
meines Körpers und gab noch einmal Gas. 50:31 Minuten sind es dann
geworden und mein Durchschnittspuls im Wettkampf lag bei 168 bpm. Im
Training davor hatte ich es höchstens mal auf einen Schnitt von 155
gebracht. Auch meinen besten Kilometerschnitt im Training von 5:44 hatte
ich mit einem Wettkampfschnitt von 5:03 weit unterboten. Ich freute mich
über meine Zeit und merkte mir, daß das Laufen im Wettkampf irgendwie
völlig anders ist als das im Training.
Mein Immunsystem hatte zu diesem Zeitpunkt schon fast vor dem Laufvirus
kapituliert, aber noch kämpfte es eine verzweifelte Abwehrschlacht...
sie sollte vergebens bleiben!
Irgendwann in dieser Zeit informierte die Personalabteilung meiner Firma
nämlich darüber, daß es für 125 Mitarbeiter ein professionelles
Vorbereitungsprogramm geben werde, durch welches jene Mitarbeiter in die
Lage versetzt werden sollten, beim Köln-Marathon 125 Leibchen mit dem
Firmenlogo vorzuführen. Das hielt ich für eine einmalige Gelegenheit und
meldete mich sofort an. Ich fürchtete zu spät zu kommen, denn ich konnte
mir kaum vorstellen, daß jemand, der die Eingangsvoraussetzungen
erfüllte (bereits Läufer mit mindestens zwei Laufeinheiten in der Woche
und 10km-Zeit unter einer Stunde), da NICHT mitmachen wollte. Daß ich
eigentlich die Voraussetzungen nicht ganz erfüllte, schien mir nicht so
wichtig, denn wer sollte das denn nachprüfen? Die Begeisterung in der
Belegschaft entsprach dann nicht annähernd meinen Erwartungen bzw.
meiner Befürchtung: Mit nur etwas über 50 Interessenten war es kein
Problem, ein Plätzchen im Programm zu ergattern und so freute ich mich
auf ein grundsolides Training, von dem ich mir natürlich auch eine
dezente Steigerung meiner Leistungen erhoffte.
An dieser Stelle vielleicht ein paar Worte zu jenem Trainingsprogramm.
Durchgeführt wird dies von einer Personal Training-Agentur aus
Düsseldorf, die dasselbe Programm auch schon für andere größere Firmen
in Vorbereitung auf Marathons in Düsseldorf in Berlin durchgeführt hat.
Trainer sind da zwei Sportwissenschaftler, mehrere Liga-Triathleten, von
denen einer nächsten Monat in Hawaii starten wird, und einige weitere
Lauftrainer. Begleitet wurde das Programm von mehreren Seminaren zu
Themen wie Ernährung, Laufbekleidung, Sportorthopädie, usw., die in
Räumen des Unternehmens abgehalten wurde. Zuerst gab es jedoch einen
Laktat-Feldstufen-Test, mit dessen Hilfe für jeden Teilnehmer drei
Trainingspulse ermittelt wurden. Dabei wurden zwar nur starre
mmol-Grenzen (und die jeweils entsprechende Herzfrequenz)
zugrundegelegt, auch läßt sich über den Sinn einmaliger Laktattests ja
trefflich streiten, aber zur Einteilung und grundsätzlichen
Intensitätsbestimmung der Teilnehmer einer solch inhomogenen Gruppe wie
wir das waren, war dieser Feldstufentest sicher das Mittel der Wahl. Im
Training wurde dann auch nicht stur auf die Pulszonen geachtet und
Korrekturen waren durchaus möglich. Die Einteilung in drei
Leistungsgruppen für die Langlaufeinheiten erfolgte auch basierend auf
den Ergebnissen des Laktattests. Ich wurde zunächst in Gruppe 2
eingeteilt, für deren Mitglieder das Zeitziel beim Marathon dann grobe
vier Stunden betragen sollte. Damit war ich zunächst zufrieden. Das
Ergebnis meines Tests im Einzelnen:
km/h min/km bpm mmol/l
8,5 07:04 140 1,3
10 06:00 150 1,9
11,5 05:13 165 2,6
13 04:37 173 3,7
14,5 04:08 182 5,7
Die Werte haben die dann in eine Software eingegeben, welche daraus eine
Kurve interpoliert, und haben dann bei den jeweiligen 2, 3 und 4
mmol-Werten die Trainingspulse angesetzt. Bei mir kam da heraus:
Puls 1 147 bpm
Puls 2 158 bpm
Puls 3 174 bpm
Der Trainingsplan enthielt gemeinsame Einheiten jeweils donnerstags und
sonntags und zusätzliche individuelle Einheiten dienstags, wobei auf
Wunsch auch noch weitere Einheiten eingebaut werden konnten. Mehr als
fünf Einheiten in der Woche wurden aber für niemanden eingeplant - es
sollte immer genug Regenerationszeit zur Verfügung stehen. Am Sonntag
standen immer Dauerlaufeinheiten bei Puls 1 in unterschiedlicher Länge
in drei Leistungsgruppen auf dem Programm und am Donnerstag Lauf-ABC mit
anschließendem Intervalltraining. Die Dienstagseinheit war für die erste
Phase als Sauerstofftraining bei Puls 1 geplant und für die zweite
Hälfte als "Tempodauerlauf" bei Puls 2. Diese drei Laufeinheiten waren
dann für mich auch genug an Umfang, wie sich noch herausstellen sollte.
Am Montag stand noch Kraftausdauertraining an Geräten (Beinpresse,
Beinstrecker, Beinbeuger, Wade - jeweils 4x20 Wiederholungen mit
geringem Gewicht) auf dem Plan, die jedoch mangels Fitnessstudio so
mancher nicht mitmachen konnte. Eigentlich plant jene Agentur das immer
anders, nämlich als Marathon-Gymnastik am Sonntag, während die langen
Läufe dann immer am Samstag sind, doch wegen einiger Verkäufer unter den
Teilnehmern, die am Samstag oft in der Filiale stehen müssen, ging das
bei uns nicht. Für die Laufeinheiten gab der Plan keinerlei
Kilometervorgaben vor, sondern nur, wie lang der jeweilige Puls gehalten
werden sollte, die Trainingsdauer variierte dabei zwischen 50 und 180
Minuten. Insgesamt sieht kaum eine Woche im Plan aus wie die nächste -
wir fingen mit relativ kurzen Einheiten bei relativ geringer Intensität
an und sind gegen Ende bei relativ langen Einheiten angekommen. Die
beiden längsten Läufe absolvierten wir mit 180 Minuten sechs Wochen und
drei Wochen vor der Marathonwoche. Das Intervalltraining variierte
anfangs zwischen Einheiten mit langen Intervallen (15 bis 20 Minuten)
bei Puls 2 und kurzen Intervallen (drei Minuten) bei Puls 3, und
steigerte sich zwischendurch auf lange Intervalle bei Puls 3 (10
Minuten), um danach die Belastung wieder etwas zurückzunehmen.
Wie sich relativ schnell herausstellte, war ich zu schnell für Gruppe 2
und wechselte daher in Gruppe 3, in der Zeitziele zwischen 3:45 h und
3:00 h angestrebt wurden. Die neue Gruppe paßte auch ganz gut zu meiner
Leistung, wie es sich auch bei dem Halbmarathon der Deutschen
Sporthochschule Köln zeigen sollte, den zur Vorbereitung alle Teilnehmer
(die terminlich konnten) zur Standortbestimmung absolvierten. Ich selbst
hatte da nach meinem Debüt über zehn Kilometer schon Spaß an Wettkämpfen
bekommen und mit 2:14 h beim Halbmarathon in Leverkusen ein sehr
gemütliches HM-Debüt hingelegt, dessen langsame Endzeit sich daraus
erklärt, daß ich mit zwei Mädels zusammenlief, und lieber nichts
riskieren wollte, weshalb ich bis km 16 bei den beiden blieb. Für viele
der Teilnehmer im Programm war der Kölner Halbmarathon aber der erste
Wettkampf überhaupt. Im Vergleich zu denen fühlte ich mich schon
geradezu erfahren und machte mir Zwischenzeittabellen für Endzeiten von
1:30 h (sehr optimistisch!) und 1:35 h (etwas weniger optimistisch). Der
Halbmarathon erfüllte die weniger optimistische Erwartung dann nur fast
(1:36:31 h), war aber trotzdem ein tolles Erfolgserlebnis! Etwa zu der
Zeit entdeckte ich auch drsl (eine Sucht in sich: die Laufsucht hat bei
mir auch einen großen Anteil an Kommunikationssucht) und stellte daher
auch einen kleinen Bericht zum Halbmarathon ab:
http://laufen-in-wuppertal.de/ber_bericht.php?id=487 . Die Umfänge der
Wochen zwischen dem Zehnkilometer-Wettkampf und diesem Halbmarathon waren:
KW km Zeit min/km
18 25,00 2:29:00 5:58
19 20,00 2:12:00 6:36
20 10,00 0:57:00 5:42
21 41,00 4:10:00 6:06
22 41,00 3:39:00 5:20 (Beginn des MA-Programms)
23 23,00 2:25:00 6:18
24 50,09 4:53:00 5:51
25 28,00 2:46:00 5:56
26 57,00 5:06:00 5:22
27 58,00 5:41:00 5:53
28 - (verletzt, siehe unten)
29 47,09 3:49:31 4:52 (mit WK)
Mein großes Problem während des Programms war die relativ starke
Steigerung der Trainingsumfänge und daraus resultierende Probleme mit
Knochen, Haut und Muskeln. Es fing an im Fuß. Zuerst waren da Blasen im
Längsgewölbe beider Füße, die aus der stärkeren Pronationsstütze der
neuen Laufschuhe resultierten. Training war da nur noch mit haufenweise
Compeed-Pflaster möglich. Dann kamen Knochenschmerzen im rechten Fuß
dazu, die aber nach kurzer Zeit wieder verschwanden. Nach meinem ersten
Halbmarathon entdeckte dann mein rechtes Knie, daß ihm irgendwas nicht
paßte und ganz plötzlich tat der Knorpel unter der Kniescheibe weh.
Dieses Problem trieb mich zum Orthopäden und wurde als Chondropathia
Patellae diagnostiziert. Der Orthopäde verschrieb mir eine Schmerzsalbe
und eine Elektrotherapie, von Einlagen wollte er erst einmal nichts
wissen. Es sollte mich dann noch einiges an Energie und Zeit kosten, bis
ich dann endlich Sporteinlagen hatte - aber das ist eine andere
Geschichte. Ich weiß jetzt jedenfalls, daß ich Orthopäden in der Zukunft
nicht mehr nach der durchschnittlichen Wartezeit auf einen Termin
aussuchen werde, sondern eher danach, ob sie von meinem konkreten
Problem (eben von sportproblemen) Ahung haben. Durch die Knieschmerzen,
die immer nach langen Läufen kamen, konnte ich jedenfalls nur noch
eingeschränkt trainieren. Ich mußte einige Einheiten abbrechen, die
eigentlich vorgenommene vierte Trainingseinheit (zwischen den
Intervallen am Donnerstag und dem Dauerlauf am Sonntag) konnte ich
eigentlich nie durchführen, weil das Knie sich noch nicht wieder
beruhigt hatte. Ansonsten funktionierte es aber weiterhin ganz gut und
ich konnte in der schnellen Gruppe gut mithalten. Die Knieschmerzen (die
wohl durch meine starke Pronation und eine leichte Insuffizienz des
Beinstreckers verursacht wurde) gingen auch parallel zu meiner
läuferischen Verbesserung zurück. Inzwischen kommen sie nur noch in sehr
abgemilderter Form zurück, wenn ich viel bergab laufe oder über Pfützen
springen muß. Bald werden sie wohl ganz weg sein. Zusätzlich zu dem
Knieproblem muß ich mir irgendwann in einer der Intervalleinheiten eine
leichte Zerrung (oder sonst ein Problem) im Oberschenkel zugezogen
haben, das mir eine ganze Woche lang das Training unmöglich machte. Der
Oberschenkel schmerzte da bei jedem Schritt - schon im Gehen. Ich war
gerade auf Kurzurlaub in Rom, als ich wieder anfing zu laufen, die
Oberschenkelschmerzen waren noch nicht ganz weg, aber es fühlte sich
machbar an. Während dieser Traininggseinheit im Park der Villa Borghese
verschwanden die Oberschenkelschmerzen ganz und sollten auch nie
wiederkommen - Heilung durch Training quasi, rätselhaft. Blöd war nur,
daß die Knieprobleme erst einmal wieder Hallo sagten - jener Park bietet
so einiges an Hügeln... Die Knieschmerzen jedenfalls waren es auch
insgesamt, die es mir unmöglich machten (noch) höhere Kilometerumfänge
zu laufen. Die Steigerung von Intensität und Umfang meines Trainings war
aber auch so schon recht belastend. Das letzte Problem in der Reihe
verursachte das Hüftgelenk, das irgendwann begann, leicht zu schmerzen
und sich irgendwie ausgeleiert anzufühlen. Auch das ist inzwischen
besser geworden, was ich zum größten Teil auf die Sporteinlagen
zurückführe, die ich seit etwa drei Wochen in meinen Laufschuhen habe.
Nach dem Halbmarathon brachte ich es noch auf die folgenden Umfänge:
KW km Zeit min/km
30 47,00 4:25:00 5:38
31 52,00 5:04:00 5:51
32 45,00 3:46:50 5:02
33 60,00 4:58:52 4:59
34 63,00 5:11:25 4:57
35 56,50 4:53:58 5:12
36 54,00 4:43:44 5:15
Wenn ich diese Umfänge nun mit denen meiner Kollegen aus der schnellen
Gruppe vergleiche, beschleicht mich doch die Sorge, daß ich nicht genug
getan habe, um beim Marathon das Tempo durchzuhalten, das ich mir
vornehmen werde und das schon ein recht ambitioniertes Tempo sein soll.
Und hier nun die Frage für die Glaskugelbesitzer: Welche Zielzeit sollte
es genau sein? Ich habe da natürlich schon meine eigenen Vorstellungen,
und morgen wird unser Trainer uns die Empfehlungen geben, die er für
jeden von uns ausgerechnet hat, aber ich möchte ungern das geballte
Glaskugelwissen von drsl in dieser wichtigen Frage ungenutzt lassen!
Der Marathon ist heute (gestern) in einer Woche am 12. September und
vorher steht nur noch eine Einheit auf dem Programm: 40 Minuten Puls 1
am Mittwoch.
Außerdem hätte ich natürlich noch einige Fragen zu Tapering, Ernährung,
Zwischenzeiten, Rennstrategie, Pulsmessung, usw. die ich eigentlich noch
stellen möchte, aber angesichts der Uhrzeit und der Länge meines
Geschreibsels werde ich mir das wohl für später in diesem Thread
aufsparen....
Vielen Dank fürs Lesen!
Bin mal gespannt, was die Glaskugeln so sagen!
gespannte Grüße,
Car-"endlich vorgestellt"-sten
Zum Anfang mal ein Kompliment: drsl ist die erste Newsgroup, bei der ich
mir tatsächlich vorstellen kann, daß ich sie regelmäßig lesen
werde. Solche Newsgroups müssen es wohl sein, die das Usenet eigentlich
ausmachen - die Programmiernewsgroups, die ich bisher so kannte,
haben die Bezeichung "Gruppe" meist kaum verdient - da schaut man ja
eigentlich nur vorbei, wenn man ein konkretes Problem hat - oder um die
eigene Genialität vorzuführen, indem man anderer Leute konkrete Probleme
löst. Vielleicht ist es ja aber auch eine Nebenwirkung der
Laufkrankheit, daß ich drsl so viel sympathischer finde...?
Deren Auslöser, der berüchtigte Laufvirus, packte mich wohl so richtig
vor etwa einem Jahr. Zuerst konnte mein Immunsystem ihn allerdings noch
erfolgreich niederkämpfen, so daß ich den Winter über nur mit profaneren
Krankheitserregern (grippale Infekte) und harmloseren Versuchungen (Junk
Food beispielsweise) zu kämpfen hatte. Alles schien in Ordnung - bis zu
diesem Sommer...
Doch zuerst mal ein paar schnöde Fakten: Mein Name ist
überraschenderweise Carsten Düllmann, ich bin 28 Jahre alt, arbeite,
laufe und lebe in Köln. Und die Sache mit dem Laufen, die kam so:
Sportliche Ambitionen hatte ich eigentlich nie. Sport erschöpfte sich
für mich in Schulsport und ein paar Jahren Schwimmverein von
Kindergarten- bis Unterstufenzeit. Angemeldet worden war ich dort
nur, weil meine Eltern dachten, daß Kinder besser möglichst früh das
Schwimmen erlernen sollten. Die Leistungen da blieben mangels
Konstitution (ich war schon immer ziemlich schmal) und Ehrgeiz aber sehr
durchschnittlich. In der Pubertät hörte ich also mit dem Schwimmen auf.
Schulsport machte ich leidlich gern, aber auf die Idee, mehr Sport zu
treiben - gar zu "trainieren" - wäre ich da nicht gekommen. Training?
Das war doch das, was diese Hochleistungssportler im Fernsehen machten!
Und ein Hochleistungssportler wollte ich ja gar nicht werden...
Im Spätsommer 2001 fing es dann langsam an. Ich war immer noch schmal,
hatte aber schon einen ersten kleinen gewichtsmäßigen Slalom hinter mir
und war auf einem neuen Level angekommen, nämlich dauerhaft über 70 kg -
Spitzenwerte lagen bei etwa 73 kg, wenn ich mich richtig erinnere.
Wichtig war mir das an sich nicht, bei ca. 1,80 m sind etwas über 70 kg
ja ein sehr normales Gewicht. Ich mußte aber zur Kenntnis nehmen, daß
ich mit 25 Jahren in einem Sitzjob und nahezu ohne Bewegung nicht mehr
bedenken- und folgenlos alles essen und trinken konnte. Ich hatte zum
ersten Mal im Leben so etwas wie einen Bauchansatz, und das sah schon
ein bißchen doof aus: ein Strich mit Bauch. Als dann also irgendwann
eine gute Freundin fragte, ob ich nicht mit ihr laufen wolle, hielt mich
eigentlich nur noch die Ausgabe für Laufschuhe davon ab. Die mußten wohl
sein, so hatte ich gehört, und 200 DM waren da noch eine riesige Menge
Geld für mich. Schließlich kaufte ich doch welche, und es ging los:
unregelmäßig etwa drei- bis viermal im Monat durchs Bergische Land in
langsamstem Tempo. Die Runden waren nie länger als zehn Kilometer, meist
darunter. Ich lief einfach mit, was meine Laufpartnerin so lief. Mangels
Sportbekleidung (viel zu teuer!) war ich damals in einer etwas
älteren aber bequemen normalen Hose unterwegs, wodurch ich immerhin
genauso unsportlich aussah wie ich auch tatsächlich war. Gehpausen mußte
ich auch manchmal ein paar einlegen. Gequält habe ich mich nie, nur
einmal wurde mir so schwummerig, daß ich mich mitten auf der Strecke
hinsetzen mußte, was aber wohl mehr auf den Alkoholkonsum am (nicht
allzu lang davor zuende gegangenen) Abend denn auf den Berg
zurückzuführen war, den wir gerade hinter uns gebracht hatten.
Gehpausen mußte ich auf der Zehnerrunde allerdings öfter einlegen.
Insgesamt war es in etwa wie damals beim Schwimmen, nur ohne Trainer:
Ambitionen hatte ich keine. Der berüchtigte Erreger der Laufkrankheit
hatte mich noch keineswegs erwischt. Immerhin blieb ich den Winter über
dabei und lief auch im darauffolgenden Sommer zwischen Festivalbesuchen,
Arbeit, Urlaub, Konzerten und Konzertbesuchen sporadisch die ein oder
andere Runde. Inzwischen hatte noch eine weitere Laufpartnerin, auch mit
der blieb das Tempo immer sehr gemütlich, ich mußte aber immerhin keine
Gehpausen mehr machen.
Im Winter 02/03 lief ich recht wenig und auch das darauffolgende
Frühjahr erlebten meine Laufschuhe nahezu ausschließlich im Schrank.
Immerhin hatte ich mir irgendwann in dieser Zeit dann doch mal eine
Laufhose zugelegt. Eine lange. Aus Baumwolle. Also eigentlich dann doch
keine wirkliche Laufhose. Aber mit Reflektionssstreifen!
Der Sommer 03 erlebte dann das erste Erwachen von läuferischem Ehrgeiz
in mir, und ich begann nicht nur damit, auch allein zu laufen, sondern
steigerte auch Umfang, Tempo und Variation: Ich lief einmal in der Woche
eine schnelle und sonntags zwei bis drei langsame Runden auf
meinem 5,4 km-Kurs um den schönen Decksteiner Weiher (den Konrad
Adenauer in seiner Zeit als Kölner OB hat anlegen lassen) Aus dieser
Zeit stammen auch meine ersten Aufzeichnungen über einzelne
Trainingseinheiten - einen Pulsmesser hatte ich mir nämlich auch gekauft
und auf der "Personal Trainer"-Seite des Herstellers trug ich seitdem
jede nicht abgebrochene Trainingseinheit ein. Insgesamt war diese Zeit
die erste Phase einigermaßen kontinuierlichen sportlichen Trainings seit
meiner Zeit im Schwimmverein - also seit sehr langer Zeit.
Etwa im November erlahmte meine Laufmotivation einigermaßen plötzlich
und rapide und ich zog bis März die Laufschuhe nicht wieder an. Wie ich
hier gerade sitze und schreibe erscheint mir das völlig unverständlich,
daß ich monatelang aufs Laufen verzichtet haben soll, nicht einmal wegen
einer Verletzung und vor nicht einmal einem Jahr (schon erstaunlich, was
die Irrungen und Wirrungen mit dem anderen Geschlecht für Auswirkungen
haben können)! Im Frühling kam ich dann wieder zu mir und ließ mich
sogar von meiner Laufpartnerin dazu bringen, mich für meinen ersten
Wettkampf anzumelden (eigentlich - so fällt mir gerade ein - war das gar
nicht wirklich mein erster: Mit zwölf oder dreizehn war ich durch
irgendwelche widrigen Umstände mal völlig untrainiert in einen kleinen
Volkslauf geraten - was dann eher ein abschreckendes Erlebnis wurde).
Auf den Wettkampf hin, den 10 km langen Severinslauf hier in Köln, lief
ich dann wieder etwas mehr. Meine Kilometerleistungen in den Wochen
davor waren mager:
KW km Zeit min/km
10 6,00 0:37:00 6:10
11 0,00
12 0,00
13 5,00 0:38:00 7:36
14 21,00 2:06:00 6:00
15 5,00 0:31:00 6:12
16 5,00 0:33:00 6:36
17 15,00 1:23:31 5:34 (mit WK)
In den KW davor war ich überhaupt nicht gelaufen, bis zum Wettkampf
hatte ich im Jahr 2004 insgesamt also erst 47 Kilometer in acht
Einheiten hinter mir. Der Wettkampf war am Sonntag der 17. KW, dem 25.
April. Ich startete mit meiner zweiten Laufpartnerin und einem weiteren
Bekannten ganz vom Ende des Feldes und blieb zuerst auch in deren Nähe.
Bekleidet war ich mit einer langen Laufhose (inzwischen aber immerhin
aus Funktionsmaterial) und einer warmen Trainingsjacke aus Baumwolle,
die auch im Winter schon immer warm genug gewesen war. Morgens hatte die
Luft sich noch sehr kalt angefühlt, und als ich im Starterfeld stand,
hatte ich keine Gelegenheit gehabt, die Jacke loszuwerden. Schon beim
Start war das natürlich zu warm, denn der Tag hatte sich zu einem der
ersten richtig warmen und sonnigen Frühlingstage entwickelt. Ich lief
also mit offener, wehender Jacke los. Später wurde mir das Tempo meiner
Begleiter doch etwas zu langsam und ich verabschiedete mich etwa bei
Kilometer zwei von ihnen, um von da an nur noch zu überholen. Der
Wettkampf hatte drei Runden, und in jeder dieser Runden wurde mir wärmer
und wärmer und ich verfluchte meine Unerfahrenheit mit der Jacke. Die
hielt nicht nur warm und saugte den Schweiß auf, sondern schlug auch mit
ihren wehenden Seitenteilen an einige Laternen und Pfosten, derer man
auf der Strecke so einige zu passieren hatte. Jedes Mal gab das ein
metallisches "Bing", wenn die Enden des Reißverschlusses auftrafen. Am
Verpflegungsstand trank ich in jeder Runde drei bis vier Schlucke Wasser
und goß den Rest über meinen Kopf - und eben auch über die Jacke, die
dadurch auch nicht eben leichter wurde. Nachdem ich dann zwischendurch
gedacht hatte, ich müsse aufgeben, erkannte ich kurz vor Schluß dann
doch, daß 50 Minuten noch drin sein könnten, ignorierte die Signale
meines Körpers und gab noch einmal Gas. 50:31 Minuten sind es dann
geworden und mein Durchschnittspuls im Wettkampf lag bei 168 bpm. Im
Training davor hatte ich es höchstens mal auf einen Schnitt von 155
gebracht. Auch meinen besten Kilometerschnitt im Training von 5:44 hatte
ich mit einem Wettkampfschnitt von 5:03 weit unterboten. Ich freute mich
über meine Zeit und merkte mir, daß das Laufen im Wettkampf irgendwie
völlig anders ist als das im Training.
Mein Immunsystem hatte zu diesem Zeitpunkt schon fast vor dem Laufvirus
kapituliert, aber noch kämpfte es eine verzweifelte Abwehrschlacht...
sie sollte vergebens bleiben!
Irgendwann in dieser Zeit informierte die Personalabteilung meiner Firma
nämlich darüber, daß es für 125 Mitarbeiter ein professionelles
Vorbereitungsprogramm geben werde, durch welches jene Mitarbeiter in die
Lage versetzt werden sollten, beim Köln-Marathon 125 Leibchen mit dem
Firmenlogo vorzuführen. Das hielt ich für eine einmalige Gelegenheit und
meldete mich sofort an. Ich fürchtete zu spät zu kommen, denn ich konnte
mir kaum vorstellen, daß jemand, der die Eingangsvoraussetzungen
erfüllte (bereits Läufer mit mindestens zwei Laufeinheiten in der Woche
und 10km-Zeit unter einer Stunde), da NICHT mitmachen wollte. Daß ich
eigentlich die Voraussetzungen nicht ganz erfüllte, schien mir nicht so
wichtig, denn wer sollte das denn nachprüfen? Die Begeisterung in der
Belegschaft entsprach dann nicht annähernd meinen Erwartungen bzw.
meiner Befürchtung: Mit nur etwas über 50 Interessenten war es kein
Problem, ein Plätzchen im Programm zu ergattern und so freute ich mich
auf ein grundsolides Training, von dem ich mir natürlich auch eine
dezente Steigerung meiner Leistungen erhoffte.
An dieser Stelle vielleicht ein paar Worte zu jenem Trainingsprogramm.
Durchgeführt wird dies von einer Personal Training-Agentur aus
Düsseldorf, die dasselbe Programm auch schon für andere größere Firmen
in Vorbereitung auf Marathons in Düsseldorf in Berlin durchgeführt hat.
Trainer sind da zwei Sportwissenschaftler, mehrere Liga-Triathleten, von
denen einer nächsten Monat in Hawaii starten wird, und einige weitere
Lauftrainer. Begleitet wurde das Programm von mehreren Seminaren zu
Themen wie Ernährung, Laufbekleidung, Sportorthopädie, usw., die in
Räumen des Unternehmens abgehalten wurde. Zuerst gab es jedoch einen
Laktat-Feldstufen-Test, mit dessen Hilfe für jeden Teilnehmer drei
Trainingspulse ermittelt wurden. Dabei wurden zwar nur starre
mmol-Grenzen (und die jeweils entsprechende Herzfrequenz)
zugrundegelegt, auch läßt sich über den Sinn einmaliger Laktattests ja
trefflich streiten, aber zur Einteilung und grundsätzlichen
Intensitätsbestimmung der Teilnehmer einer solch inhomogenen Gruppe wie
wir das waren, war dieser Feldstufentest sicher das Mittel der Wahl. Im
Training wurde dann auch nicht stur auf die Pulszonen geachtet und
Korrekturen waren durchaus möglich. Die Einteilung in drei
Leistungsgruppen für die Langlaufeinheiten erfolgte auch basierend auf
den Ergebnissen des Laktattests. Ich wurde zunächst in Gruppe 2
eingeteilt, für deren Mitglieder das Zeitziel beim Marathon dann grobe
vier Stunden betragen sollte. Damit war ich zunächst zufrieden. Das
Ergebnis meines Tests im Einzelnen:
km/h min/km bpm mmol/l
8,5 07:04 140 1,3
10 06:00 150 1,9
11,5 05:13 165 2,6
13 04:37 173 3,7
14,5 04:08 182 5,7
Die Werte haben die dann in eine Software eingegeben, welche daraus eine
Kurve interpoliert, und haben dann bei den jeweiligen 2, 3 und 4
mmol-Werten die Trainingspulse angesetzt. Bei mir kam da heraus:
Puls 1 147 bpm
Puls 2 158 bpm
Puls 3 174 bpm
Der Trainingsplan enthielt gemeinsame Einheiten jeweils donnerstags und
sonntags und zusätzliche individuelle Einheiten dienstags, wobei auf
Wunsch auch noch weitere Einheiten eingebaut werden konnten. Mehr als
fünf Einheiten in der Woche wurden aber für niemanden eingeplant - es
sollte immer genug Regenerationszeit zur Verfügung stehen. Am Sonntag
standen immer Dauerlaufeinheiten bei Puls 1 in unterschiedlicher Länge
in drei Leistungsgruppen auf dem Programm und am Donnerstag Lauf-ABC mit
anschließendem Intervalltraining. Die Dienstagseinheit war für die erste
Phase als Sauerstofftraining bei Puls 1 geplant und für die zweite
Hälfte als "Tempodauerlauf" bei Puls 2. Diese drei Laufeinheiten waren
dann für mich auch genug an Umfang, wie sich noch herausstellen sollte.
Am Montag stand noch Kraftausdauertraining an Geräten (Beinpresse,
Beinstrecker, Beinbeuger, Wade - jeweils 4x20 Wiederholungen mit
geringem Gewicht) auf dem Plan, die jedoch mangels Fitnessstudio so
mancher nicht mitmachen konnte. Eigentlich plant jene Agentur das immer
anders, nämlich als Marathon-Gymnastik am Sonntag, während die langen
Läufe dann immer am Samstag sind, doch wegen einiger Verkäufer unter den
Teilnehmern, die am Samstag oft in der Filiale stehen müssen, ging das
bei uns nicht. Für die Laufeinheiten gab der Plan keinerlei
Kilometervorgaben vor, sondern nur, wie lang der jeweilige Puls gehalten
werden sollte, die Trainingsdauer variierte dabei zwischen 50 und 180
Minuten. Insgesamt sieht kaum eine Woche im Plan aus wie die nächste -
wir fingen mit relativ kurzen Einheiten bei relativ geringer Intensität
an und sind gegen Ende bei relativ langen Einheiten angekommen. Die
beiden längsten Läufe absolvierten wir mit 180 Minuten sechs Wochen und
drei Wochen vor der Marathonwoche. Das Intervalltraining variierte
anfangs zwischen Einheiten mit langen Intervallen (15 bis 20 Minuten)
bei Puls 2 und kurzen Intervallen (drei Minuten) bei Puls 3, und
steigerte sich zwischendurch auf lange Intervalle bei Puls 3 (10
Minuten), um danach die Belastung wieder etwas zurückzunehmen.
Wie sich relativ schnell herausstellte, war ich zu schnell für Gruppe 2
und wechselte daher in Gruppe 3, in der Zeitziele zwischen 3:45 h und
3:00 h angestrebt wurden. Die neue Gruppe paßte auch ganz gut zu meiner
Leistung, wie es sich auch bei dem Halbmarathon der Deutschen
Sporthochschule Köln zeigen sollte, den zur Vorbereitung alle Teilnehmer
(die terminlich konnten) zur Standortbestimmung absolvierten. Ich selbst
hatte da nach meinem Debüt über zehn Kilometer schon Spaß an Wettkämpfen
bekommen und mit 2:14 h beim Halbmarathon in Leverkusen ein sehr
gemütliches HM-Debüt hingelegt, dessen langsame Endzeit sich daraus
erklärt, daß ich mit zwei Mädels zusammenlief, und lieber nichts
riskieren wollte, weshalb ich bis km 16 bei den beiden blieb. Für viele
der Teilnehmer im Programm war der Kölner Halbmarathon aber der erste
Wettkampf überhaupt. Im Vergleich zu denen fühlte ich mich schon
geradezu erfahren und machte mir Zwischenzeittabellen für Endzeiten von
1:30 h (sehr optimistisch!) und 1:35 h (etwas weniger optimistisch). Der
Halbmarathon erfüllte die weniger optimistische Erwartung dann nur fast
(1:36:31 h), war aber trotzdem ein tolles Erfolgserlebnis! Etwa zu der
Zeit entdeckte ich auch drsl (eine Sucht in sich: die Laufsucht hat bei
mir auch einen großen Anteil an Kommunikationssucht) und stellte daher
auch einen kleinen Bericht zum Halbmarathon ab:
http://laufen-in-wuppertal.de/ber_bericht.php?id=487 . Die Umfänge der
Wochen zwischen dem Zehnkilometer-Wettkampf und diesem Halbmarathon waren:
KW km Zeit min/km
18 25,00 2:29:00 5:58
19 20,00 2:12:00 6:36
20 10,00 0:57:00 5:42
21 41,00 4:10:00 6:06
22 41,00 3:39:00 5:20 (Beginn des MA-Programms)
23 23,00 2:25:00 6:18
24 50,09 4:53:00 5:51
25 28,00 2:46:00 5:56
26 57,00 5:06:00 5:22
27 58,00 5:41:00 5:53
28 - (verletzt, siehe unten)
29 47,09 3:49:31 4:52 (mit WK)
Mein großes Problem während des Programms war die relativ starke
Steigerung der Trainingsumfänge und daraus resultierende Probleme mit
Knochen, Haut und Muskeln. Es fing an im Fuß. Zuerst waren da Blasen im
Längsgewölbe beider Füße, die aus der stärkeren Pronationsstütze der
neuen Laufschuhe resultierten. Training war da nur noch mit haufenweise
Compeed-Pflaster möglich. Dann kamen Knochenschmerzen im rechten Fuß
dazu, die aber nach kurzer Zeit wieder verschwanden. Nach meinem ersten
Halbmarathon entdeckte dann mein rechtes Knie, daß ihm irgendwas nicht
paßte und ganz plötzlich tat der Knorpel unter der Kniescheibe weh.
Dieses Problem trieb mich zum Orthopäden und wurde als Chondropathia
Patellae diagnostiziert. Der Orthopäde verschrieb mir eine Schmerzsalbe
und eine Elektrotherapie, von Einlagen wollte er erst einmal nichts
wissen. Es sollte mich dann noch einiges an Energie und Zeit kosten, bis
ich dann endlich Sporteinlagen hatte - aber das ist eine andere
Geschichte. Ich weiß jetzt jedenfalls, daß ich Orthopäden in der Zukunft
nicht mehr nach der durchschnittlichen Wartezeit auf einen Termin
aussuchen werde, sondern eher danach, ob sie von meinem konkreten
Problem (eben von sportproblemen) Ahung haben. Durch die Knieschmerzen,
die immer nach langen Läufen kamen, konnte ich jedenfalls nur noch
eingeschränkt trainieren. Ich mußte einige Einheiten abbrechen, die
eigentlich vorgenommene vierte Trainingseinheit (zwischen den
Intervallen am Donnerstag und dem Dauerlauf am Sonntag) konnte ich
eigentlich nie durchführen, weil das Knie sich noch nicht wieder
beruhigt hatte. Ansonsten funktionierte es aber weiterhin ganz gut und
ich konnte in der schnellen Gruppe gut mithalten. Die Knieschmerzen (die
wohl durch meine starke Pronation und eine leichte Insuffizienz des
Beinstreckers verursacht wurde) gingen auch parallel zu meiner
läuferischen Verbesserung zurück. Inzwischen kommen sie nur noch in sehr
abgemilderter Form zurück, wenn ich viel bergab laufe oder über Pfützen
springen muß. Bald werden sie wohl ganz weg sein. Zusätzlich zu dem
Knieproblem muß ich mir irgendwann in einer der Intervalleinheiten eine
leichte Zerrung (oder sonst ein Problem) im Oberschenkel zugezogen
haben, das mir eine ganze Woche lang das Training unmöglich machte. Der
Oberschenkel schmerzte da bei jedem Schritt - schon im Gehen. Ich war
gerade auf Kurzurlaub in Rom, als ich wieder anfing zu laufen, die
Oberschenkelschmerzen waren noch nicht ganz weg, aber es fühlte sich
machbar an. Während dieser Traininggseinheit im Park der Villa Borghese
verschwanden die Oberschenkelschmerzen ganz und sollten auch nie
wiederkommen - Heilung durch Training quasi, rätselhaft. Blöd war nur,
daß die Knieprobleme erst einmal wieder Hallo sagten - jener Park bietet
so einiges an Hügeln... Die Knieschmerzen jedenfalls waren es auch
insgesamt, die es mir unmöglich machten (noch) höhere Kilometerumfänge
zu laufen. Die Steigerung von Intensität und Umfang meines Trainings war
aber auch so schon recht belastend. Das letzte Problem in der Reihe
verursachte das Hüftgelenk, das irgendwann begann, leicht zu schmerzen
und sich irgendwie ausgeleiert anzufühlen. Auch das ist inzwischen
besser geworden, was ich zum größten Teil auf die Sporteinlagen
zurückführe, die ich seit etwa drei Wochen in meinen Laufschuhen habe.
Nach dem Halbmarathon brachte ich es noch auf die folgenden Umfänge:
KW km Zeit min/km
30 47,00 4:25:00 5:38
31 52,00 5:04:00 5:51
32 45,00 3:46:50 5:02
33 60,00 4:58:52 4:59
34 63,00 5:11:25 4:57
35 56,50 4:53:58 5:12
36 54,00 4:43:44 5:15
Wenn ich diese Umfänge nun mit denen meiner Kollegen aus der schnellen
Gruppe vergleiche, beschleicht mich doch die Sorge, daß ich nicht genug
getan habe, um beim Marathon das Tempo durchzuhalten, das ich mir
vornehmen werde und das schon ein recht ambitioniertes Tempo sein soll.
Und hier nun die Frage für die Glaskugelbesitzer: Welche Zielzeit sollte
es genau sein? Ich habe da natürlich schon meine eigenen Vorstellungen,
und morgen wird unser Trainer uns die Empfehlungen geben, die er für
jeden von uns ausgerechnet hat, aber ich möchte ungern das geballte
Glaskugelwissen von drsl in dieser wichtigen Frage ungenutzt lassen!
Der Marathon ist heute (gestern) in einer Woche am 12. September und
vorher steht nur noch eine Einheit auf dem Programm: 40 Minuten Puls 1
am Mittwoch.
Außerdem hätte ich natürlich noch einige Fragen zu Tapering, Ernährung,
Zwischenzeiten, Rennstrategie, Pulsmessung, usw. die ich eigentlich noch
stellen möchte, aber angesichts der Uhrzeit und der Länge meines
Geschreibsels werde ich mir das wohl für später in diesem Thread
aufsparen....
Vielen Dank fürs Lesen!
Bin mal gespannt, was die Glaskugeln so sagen!
gespannte Grüße,
Car-"endlich vorgestellt"-sten